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„Stricken als gesellschaftliches Phänomen“ – Ö1 Moment

Diese Woche gestaltete ich eine Sendung, zu einem Thema, das ich im vergangenen Jahr sehr liebgewonnen habe: Dem Stricken. Denn entgegen des hartnäckigen Stereotyps der tattrigen alten Oma, die altmodische kratzige Pullis produziert, ist das Stricken Zeitvertreib für Menschen allen Alters und Geschlechts. Die Strick-Community, vor allem online (ravelry ftw!) ist weltweit vernetzt und sehr nerdig unterwegs und alles in allem eine wirklich angenehme Umgebung. In meinem Radiobeitrag wollte ich die verschiedenen Umgebungen zeigen, in denen gemeinsam gestrickt wird – vom (klischeehaft) naheliegenden PensionistInnenklub bis hin zum queeren Handarbeitsverein.

Zwei Frauen im PensionistInnenklub Rabengasse haben mir erzählt, wie ihnen das Stricken wieder eine Aufgabe gibt, die gleichzeitig Austausch untereinander ermöglicht. Sie stellen jeden Herbst Babyschuhe und Weihnachtsdeko für den Weihnachtsbasar her und spenden die Einnahmen für den guten Zweck. Keine von ihnen hat mir geglaubt, dass es auch junge Leute gibt, die Spaß am Handarbeiten haben.

Bestes Gegenbeispiel war eine meiner Gesprächspartnerinnen bei der Strick- und Häkelsession im Schanigarten des Lokalas Salonga. Sie ist 24 Jahre alt und nicht durch ihre Oma zum Stricken gekommen, sondern durch eine „Sockenstrickbox“ im Buchhandel. Beim Interview arbeitete sie gerade an einem Shifty Pullover nach Andrea Mowry – ein pattern, das ich mir sofort als potentielles zukünftiges Projekt gespeichert habe.

Ich war auch bei der ersten in-echt-Knitnight im Wollhabitat seit Pandemiebeginn (super cool!). Dort hat mir Inhaberin Kathi Wessely erzählt, wieso Stricken für sie politisch ist und was sich in der Online-Strickcommunity so tut. Mirja Rutger hat vom Wollefärben (s. Mirjas Woolplay) und ihrer Forschung zum Stricken und Wohlbefinden berichtet.

Bei den Queermaschen in Magdas Hotel habe ich von der Yarnpride-Aktion, gestrickten Outfits auf der Regenbogenparade und Vorurteilen gegenüber strickenden Männern erfahren – diese Runde hatte klar den höchsten Männeranteil von allen, die ich besucht habe.

Leider war in den 25 Minuten nicht genug Platz für alle meine Gesprächspartner_innen, lustigen Side-Storys und Details, geschweige denn für die ganzen popkulturellen Fun Facts, die ich unterbringen wollte – vom britischen Olympioniken und begeisterten Stricker Tom Daley zum Beispiel hatten sogar die Frauen im PensionistInnenklub schon gehört. Aber da wären ja auch noch der Pussy Hat, ravelry’s trump ban und Bernie’s Mittens.

Die Sendung ist noch bis kommenden Dienstag hier nachzuhören, einen Podcast gibts leider nicht. Das „Echo“ am nächsten Tag gibts hier zu hören.

Mit Nadeln und Garn zwischen Tradition und Trend.
Von Handarbeitsrunden im PensionistInnenklub und queeren Strick-Fans auf der Regenbogenparade

Das Stricken hat in den letzten Jahren seinen altbackenen Ruf abgelegt. Das Stereotyp der alten Großmutter, die kratzige Kleidung für die Enkelkinder herstellt, hat ausgedient. Das liegt an jungen Strick-Designerinnen, Woll-Färbern und vor allem Menschen jeden Alters, die das Hobby für sich entdeckt haben. Der allgemeine Trend zum Selbermachen spielt da eine Rolle, doch dem Stricken werden auch gesundheitliche Vorteile nachgesagt: Es fördere Konzentration und Entspannung. Außerdem bringt das Stricken Menschen zusammen – im PensionistInnenklub, im Wollgeschäft oder bei der Regenbogenparade.

Österreich 1, Moment Kulinarium: 01.10.2021, 15:30h.

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